SEKEM im Frühjahr

SEKEM Reisen

Posted on 14 May 2024, by Eckhart Boelger

SEKEM als Modell für ein zukünftiges Ägypten

Ein ursprünglich als Brief formulierter kleiner Sekem-Bericht sei auch dieser Website zur Verfügung gestellt.

Eine Kollegin von mir arbeitet regelmäßig als Mitarbeiterin in Sekem, meist für viele Monate und ich wollte sie schon immer besuchen, wenn sie dort ist, um Sekem mal aus der Nähe zu erleben, nachdem ich die Biografie von Ibrahim Abouleish begeistert gelesen hatte.

Aufgrund des Verschieben-Müssens einer anderen Reise kam diese nach Sekem sehr kurz entschlossen zustande.

Wir hatten das Angebot: „Sekem & Luxor“ gebucht. Diese Empfehlung meiner Kollegin erwies sich als klug – man muss sich um nichts kümmern, alles ist geplant und gebucht. Bei diesem Angebot ist man vier volle Tage in Sekem (Mo. - Do.), fliegt Donnerstagabend nach Luxor und hat die Tage bis Montag einschließlich in Luxor, West-Bank, in einem Hotel, dessen Besitzer Deutsch spricht und mit Hr. Kreuer und Sekem bekannt ist. Dienstag, 10. Tag, war Rückflug von Luxor. Wenn man um 8:30h in Luxor startet, ist man um 14:30h wieder in Berlin (mit knappem Umsteigen in Kairo). Wunderwelt der Technik irgendwie – jedenfalls für jemanden wie mich, der überhaupt kein Vielflieger ist.

Es soll jetzt nicht die ganze Reise erzählt werden, sondern nur von dem Hauptpunkt, der uns zu der Reise antrieb: Wie geht es in Sekem nach Ibrahim Abouleishs Hingang 2017 weiter? Wie integrieren sich dort die Kulturen und Ideen? Wird da einfach Anthroposophie in ein arabisch-islamisches Land exportiert? Geht das überhaupt? Sind die Anthroposophen nur unter sich? Wie durchdringen sich mitteleuropäischer Impuls und arabisch-islamische Lebensrealität?

Um mit dem Fazit zu beginnen: Sekem ist keine anthropos. Enklave in geist-fremder Umgebung, sondern ein ägyptischer Konzern! Helmy Aboulaish, den wir beim Wochenabschluss am Donnerstag früh kurz sprechen konnten, sowie seine Töchter, haben den Geist des Vaters und Großvaters nicht nur genau verstanden, sondern können ihn auch weiterentwickeln und für die Zukunft von Sekem fruchtbar machen. Dies wurde bei den (im übrigen sehr guten Führungen) überdeutlich. Die einzelnen Betriebe: Landwirtschaft, Sekem-Isis (Nahrung), die pharmazeutischen Betriebe, die Waldorfschule, der Textil-verarbeitende Betrieb, die Ambulanzen (Ärzte-Haus), die Universität in Kairo-Heliopolis, Sekem-Wahat, die zweite Farm in der Wüste („Sekem II“ sozusagen, ca. 400 km süd-südwestlich von „Sekem-I“) usw. - das alles sind mittlerweile selbstständige Unternehmen, sodass „Sekem“ bereits eine Holding ist. Die schiere Größe des Ganzen ist schon beeindruckend; die Uni allein hat über 3000 Studenten, mit den Fakultäten (in english): Pharmacy, Organic Agriculture, Physical Therapy, Business and Economics Engeneering.

Dass Sekem als Impuls für die Landwirtschaft mittlerweile in ganz Ägypten verwurzelt ist, hat mit dem Aufbau der ägyptischen Demeter-Gesellschaft zu tun. Dazu ergänzte meine Kollegin:

„Die Verflochtenheit der Landwirtschaft läuft über die EBDA – Egyptian Biological Dynamic Agriculture – die ägyptische Demeter Gesellschaft. Man muss als Bauer geschult werden, wie man anbaut, was Demeter Standards entspricht usw. – sonst kann Sekem die Sachen nicht als „Demeter-Produkte“ verkaufen. Es sind meist Kräuter, Saatgut oder Datteln usw. - Sekem verkauft meistens an Firmen in großem Stile – die dann die Ware weiterverarbeiten oder eine Marke haben, unter der sie verkaufen – wie die Firma ALANA mit den Textilien, die man bei DM kaufen kann. Da steht dann nicht Sekem oder Naturetex drauf, sondern eben Alana.“

Berlin, März 2024

Nachdem wir einiges Erschütterndes über das ägyptische Schulsystem erfahren hatten (es geht nur darum, die Schulbücher auswendig zu lernen und keine Fragen zu stellen...), wurde deutlich, wie privilegiert die Kinder in Sekem beschult werden: Erziehung zur Selbstständigkeit und Freiheit statt stupidem Pauken. - Am Donnerstag war um 12:00 h eine kleine Monatsfeier (dort: Wochenabschluss) – ein köstliches Erlebnis, alle (typischen) Waldorf-Darbietungen der Klassen auf arabisch zu erleben. Eine kleine Eurythmie-Stunde haben wir bei der zweiten Führung am Donnerstag auch mitgemacht – auf arabisch natürlich.

Bei allen Begegnungen mit den Mitarbeitern dort wird der prägende Geist von Ibrahim Abouleish spürbar. Und wie gesagt: Helmy, der Sohn, weiß für das Weitertragen dieses Geistes zu sorgen. (Er hatte übrigens bei meinem Vater am Waldorf-Seminar in Witten-Annen im Kurs gesessen und erinnerte sich auch daran.) Der Generationenwechsel jedenfalls scheint dort überzeugend vollzogen zu sein, was immerhin keine Selbstverständlichkeit ist, wie sich in ähnlichen Unternehmungen und Initiativen leider immer wieder zeigt. 

Rafik, der Mitarbeiter, der die erste Führung am Montag machte, ist zwar Deutscher, aber in Kairo aufge- wachsen und hatte Helmy Aboulaish als Klassenkameraden, woraus eine fruchtbare Freundschaft und Zusammenarbeit entstand. Wir bekamen in Sekem den Jahreswirtschaftsbericht 2022 („Sekem- Report“), er ist sehr beeindruckend - allein schon wegen seiner einhundert Seiten Umfang.

Darüber hinaus hatten wir großes Glück mit der Führerin für das „Alte Ägypten“, Frau Nihal El Mofty, mit der wir zweimal nach Kairo fuhren (Besuch des Ägyptischen Museums in Kairo sowie der Sekem-Universität im Stadtteil Heliopolis). 

Das würde jetzt überleiten zu dem anderen Teil der Reise, dem ins Alte Ägypten, der hier aber fehlen soll.  Ägypten ist (bis auf Ausnahmen in Teilen von Kairo und evtl. Alexandria) wirklich eine Dritte-Welt-Land; der unweigerliche Kultur- bzw. Sozial-Schock traf uns gänzlich unvorbereitet und war nicht so leicht zu verdauen.

Mein persönliches Fazit: Die Sekem-Idee ist genau die Antwort, die es braucht, um für das große Migrations-Problem unserer Zeit (von dem ich glaube, dass es in schlimmer Weise noch zunehmen wird) perspektivisch in den Griff zu bekommen: Den verzweifelten Menschen der Dritte-Welt-Länder ihr Land wieder lebenswert, und das entwurzelte Umherirren in der Welt auf diesem Wege obsolet zu machen.

Ganz klar: Wir möchten wieder dorthin, dann aber das Angebot „Sekem & Wahat“ buchen. Der Impuls muss weiter Schule machen und ist jede Unterstützung Wert.

Eckhart Boelger

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