In der Wüste
Es ist still, ganz still ...
Posted on 30 June 2022, by Lily Grunau
Ausgezeichnete Führung durch die einmalige stille Eindringlichkeit in der Lybischen Wüste durch einen Wüstenkenner
APRIL 2022 IN DER LYBISCHEN WÜSTE
Lily Grunau
Als wir den Flughafen von Cairo verliessen, war Mohammed schon lange da. Ein Mann mittleren Alters in brauner Gallabija, der kaum ein Wort Englisch sprach. Er fuhr uns sicher über die teilweise versandete Wüstenstrasse in die Oase Bahariya. Für den Weg brauchten wir sechs Stunden, da Mohammed sich anscheinend in Cairo verfahren hatte - er kennt die Stadt eigentlich aus dem Effeff, wie uns später jemand erstaunt mitteilte.
Wir wurden reich entschädigt für die Strapazen der langen Reise. Das Hotel Eden Garden, in dem wir die erste und die letzte Nacht unserer Tour verbrachten, ist ein orientalischer Traum. Sogleich war Europa weit entfernt. Als uns abends um 22.00 Uhr ein Nachtessen bei der Feuerstelle serviert wurde, vergassen wir die Müdigkeit und blieben noch lange sitzen bei gesüsstem Schwarztee mit Minze, der in einer Kanne auf der glühenden Kohle bereitet wurde.
Am nächsten Tag begann das Abenteuer Wüste, drei Tage und drei Nächte lang, eine kleine Ewigkeit. Wir waren nur zu viert, was bei der Gestaltung der Tage viel Beweglichkeit und Freiraum ermöglichte. Wir waren unterwegs mit zwei Geländefahrzeugen. Eines davon fuhr Khaled, der Reiseleiter, mit uns vieren an Bord. Im anderen, voll bepackt mit der ganzen Kücheneinrichtung und den Nahrungsmitteln, mit Zelten, Decken und Matratzen, sassen der Fahrer und der Koch. Um es gleich vorwegzunehmen: Wir wurden während der ganzen Reise bestens versorgt und mit guten, schön präsentierten Mahlzeiten verwöhnt. Für all unsere Bedürfnisse fand sich eine Lösung. Khaled kennt die Wüste wie seine Westentasche, wir fühlten uns gut aufgehoben mit ihm. Er hat eine grosse Liebe zur Wüste und auch ein grosses Wissen darüber. Er wusste immer viel zu erzählen über die Entstehung all der Naturphänomene, die er uns zeigte.
Unser Leben in der Wüste war mit ihr aufs Tiefste verbunden. Sonnenstand, Wind, Hitze und die Kälte der Nacht bestimmten weitgehend den Tageslauf. Wasser zu haben ist überlebenswichtig. Der Alltag wird reduziert auf allgemein menschliche Bedürfnisse. Trinken, Essen, die sehr reduzierte Körperpflege, der Schutz vor der Witterung werden elementar wichtig und dadurch zu einem kleinen Ritual.
Wir waren von Anfang an ein harmonisches Team. Wir haben zusammen geblödelt, gelacht, haben tiefe Gespräche geführt oder einfach geschwiegen. Das war ein grosses Geschenk, denn wir waren während dieser Tage auf allen Ebenen aufeinander angewiesen und für einander da.
Die Tage vergehen schnell, der Reichtum der Wüste nimmt einen in den Bann. Es ist still, ganz still. Die Luft ist sauber, der Sand fast steril. Ich stehe da und blicke in die unendliche Weite, nichts verrät mir deren Anfang oder Ende. Felsformationen aus Kalkstein regen die Phantasie an. Tempel, Burgen, Menschenköpfe, Tiere, Pilze entstehen vor mir, als wären sie soeben aus Bewegung geschaffen worden. Eine Momentaufnahme in einer Gegend, die durch 80 Millionen Jahre so gestaltet wurde. Ich halte versteinerte Muscheln, Schnecken und Korallen in der Hand. Hier war einmal ein Ozean. Lange ist es her. Woher kommen wir- wohin führt der Weg? Es gibt kaum Worte dafür, wie tief prägend Wüstenerlebnisse sein können. Immer noch hallt alles nach und arbeitet weiter.
Zuhause angekommen kam mir Goethes Gedicht «Hymnus an die Natur» entgegen. Ich begegnete meinen Erfahrungen, in folgende Worte gefasst:
Natur! Wir sind von ihr umgeben und umschlungen -
unvermögend, aus ihr herauszutreten, und unvermögend, tiefer
in sie hineinzukommen. Ungebeten und ungewarnt nimmt sie
uns in den Kreislauf ihres Tanzes auf und treibt sich mit uns fort,
bis wir ermüdet sind und ihrem Arm entfallen ...
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